Lange Zeit waren erfolgreiche Startups vorrangig in London zu finden. Der britischen Hauptstadt läuft auch keine andere Stadt der Welt den Rang ab. Anders geht es Berlin, denn Paris holt immer mehr auf.
Erfolgreiche Startups in Berlin oder Paris: Muss es immer die Metropole sein?
Die Watterie
Auch wenn scheinbar nur die großen Metropolen wie Berlin oder neuerdings auch Paris für erfolgreiche Startups stehen, so sind es doch auch andere Beispiele. Ein Start-up, das anderen Firmen vielleicht den Rang ablaufen kann, ist auf der Seite watterie.de zu finden. Es handelt sich hierbei um einen Shop für Leuchtmittel, wobei die Auswahl schier grenzenlos scheint. Hinter dem Shop steht die Gründerin Rebecca Czerney, die mit ihrer Czerney UG in dem kleinen Ort Lauf an der Pegnitz angesiedelt ist und von hier aus die Welt des Leuchtmittelvertriebs erobern möchte
Circula
Andere erfolgreiche Startups befinden sich aber dann doch in der deutschen Hauptstadt. So zum Beispiel „Circula“ ein Unternehmen, dessen Gründer Nikolai Skatchkov und Roman Leicht die Reisekostenabrechnung für Unternehmen vereinfachen wollen. Sie möchten, dass diese digitalisiert vorgenommen und damit viel Geld gespart wird. Die beiden haben eine App entwickelt, mit deren Hilfe Geschäftsreisende bereits von unterwegs die Erstattung ihrer Kosten beantragen können. Alles läuft hier über das Smartphone, das ohnehin jeder in der Tasche hat. Erfahrung bringen die Gründer unter anderem aus ihrer Tätigkeit in verschiedenen Unternehmen mit, darunter bei Epic Companies oder Payleven.
Endel
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Startups aus Berlin: Endel. Das Plattenlabel Warner schloss im Frühjahr 2019 einen Vertrag mit Endel, seither gibt es die App, die beim Einschlafen helfen soll. Mithilfe Künstlicher Intelligenz sowie verschiedener Parameter aus der Umgebung kann die App eine individuelle Klangumgebung erschaffen. Die Melodie, die erzeugt wird, entspricht der Herzfrequenz des Menschen oder dem Takt seiner Schritte.
Video: Aufbau eines Start-ups: Darauf kommt es beim Gründen wirklich an
Berlin oder Paris? Erfolgreiche Startups wandern ab
Nach London galt Berlin lange Zeit als absoluter Hotspot für Gründer. Nun aber liegt Paris seit Kurzem direkt hinter London, das ergab die Startup Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Bewertet wurden dabei ausschließlich die Unternehmen, die als Jungunternehmen mit einem Alter von weniger als zehn Jahren gelten. Besonders interessant sind dabei die Gelder, die von Investoren stammen, denn gerade hierbei lautet das Ergebnis: Paris überholt Berlin locker! Der Grund: Im ersten halben Jahr warben Start-ups in Paris rund 2,2 Milliarden Euro ein, in Berlin kamen nur rund 2,0 Milliarden von den Investoren. In 2018 waren es in Berlin 2,6 Mrd. Euro, in Paris ca. 2,5 Mrd. Euro. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich gezeigt, dass Paris inzwischen deutlich zu Berlin aufgeholt hatte.
Konzerne und Staaten buhlen um die Gunst der Startups
Erfolgreiche Startups oder solche, die es einmal werden wollen, setzen nach der Gründung auf ihre einzigartige Geschäftsidee und darauf, dass die Finanzen durch Investoren zu regeln sind. Damit haben sie nicht ganz unrecht, denn Fonds und Großkonzerne investieren über sogenanntes Wagniskapital viel Geld in eine ansprechende Geschäftsidee, die einen großzügigen Profit verspricht. Investitionssummen werden dabei immer größer, innerhalb Europas belief sich die Zahl der Transaktionen über 100 Millionen Euro inzwischen auf 26 von anfänglich nur 12.
Zunehmend liegt der Fokus dabei auf kleinen Unternehmen und Nischenmärkten. Vor allem Frankreich profitiert von der starken Unterstützung für Startups, denn hier verfolgt die Regierung das Ziel, das Land zum führenden Standort für Startups zu machen. Die einfache Regelung der Finanzen und der Abbau von bürokratischen Reglungen für Jungunternehmen sind dabei die vorrangigen Arbeitsinhalte. Präsident Macron sagte bereits in 2017, dass er Frankreich zum Start-up Land machen wolle und dass dafür staatliche Unterstützung zu erwarten sei.
Finanzierungslücke in Deutschland
In Deutschland sieht die Sache ein wenig anders aus. Gründer und ihr Startup stehen zwar im Fokus der Politik, mit den Finanzen sieht es aber mau aus. Hier gibt es eine Finanzierungslücke, die seitens der KfW auf rund 600 Millionen Euro im Jahr geschätzt wird. Die Bundesregierung will nun handeln und die Entwicklung der jungen Unternehmen mit Wagniskapital vorantreiben, das staatlich gestützt ist.
Einhorn-Ranking: 7 deutsche Startups!
Im Markt sei sehr viel Kapital, das anzulegen ist, so meinen Experten. Wichtige Grundlagen sind aber eine gute Geschäftsidee und eine Firma, die in der Lage ist, ein gestecktes Ziel auch zu erreichen. Hohe Summen werden vor allem dort investiert, wo die Aussieht auf einen Börsengang besteht oder wo das Unternehmen gewinnbringend weiterzuverkaufen scheint.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch das sogenannte Einhorn-Ranking, das vom Magazin HURUN in China aufgestellt worden ist und das 494 Startups aus aller Welt berücksichtigt. In diesem Ranking liegt Deutschland immerhin auf dem fünften Platz, teilt sich diesen aber mit Israel. Sieben Einhörner gibt es in Deutschland, das sind Unternehmen, die mit mehr als einer Milliarde US-Dollar bewertet wurden, die aber noch nicht an die Börse gegangen sind. Die meisten dieser Firmen werden in Deutschland mit Geld finanziert, das von ausländischen Investoren stammt. Diese sieben Einhörner aus Deutschland sind im chinesischen Ranking vertreten:
- N26
- Getyourguide
- Curevav
- Flixbus
- About You
- Auto1 Group
- Omio
Unter die wertvollsten Startups der Welt kam allerdings keines dieser Einhörner und noch nicht einmal eines aus Europa. Hier sind China und die USA vertreten, wobei China einfach alles überragt. Fintech Ant Financial, Bytedance und Didi Chuxing stehen vor den drei US-Start-ups Infor, Juul und Airbnb.
Das Problem für Deutschland sehen Experten allerdings immer wieder im fehlenden Wagniskapital. Eine tolle Geschäftsidee jage die andere, auch mutige Gründer seien genügend vorhanden, doch das nötige Kapital, um wirklich auf dem Markt agieren zu können, fehlt.
Erfolgreiche Startups nur über eine mutige Wirtschaft möglich
Sehr viele Gründe sprechen für Berlin, wenn es um Gründer und erfolgreiche Startups geht. Die Infrastruktur ist gut ausgebaut, es gibt genügend Know-how, ein Team lässt sich leicht aufstellen. Doch: Die deutsche Wirtschaft ist einfach nicht mutig genug. Viele Gründer sind mit ihrem Team oft vergeblich auf der Suche nach Investoren, zumindest dann, wenn sie innerhalb Deutschlands agieren. Wer sich an ausländische Geldgeber wendet, mag noch bessere Karten haben. Doch fehlende Finanzen lassen Deutschlands Gründerszene ins Hintertreffen geraten und es ist davon auszugehen, dass schon bald deutlich weniger erfolgreiche Start-ups hierzulande agieren werden. Uwe Horstmann, der als General Partner bei Project A (Wagniskapitalgeber aus Berlin) tätig ist, meint, dass schon bald so viele Startups sterben werden wie nie zuvor.
Die deutsche Politik sorgt dafür, dass sich der Staat in Sachen Finanzen aus der Wirtschaft nahezu gänzlich heraushält. Interessant: Weltweit wurden im zweiten Quartal 2019 rund 250 Milliarden US-Dollar in Startups investiert, davon kamen aber weniger als zehn Milliarden aus Europa. Der Dachfonds für Venture Capital ist in Deutschland sogar nur bei einer Milliarde Euro begrenzt. Das Limit in Japan liegt bei 250 Mrd. Dollar, in Frankreich wenigstens bei 5 Mrd. Euro.
Video: New Made in Germany – Deutsche Startups starten durch | Abenteuer Leben
Erfolgreiche Start-ups in Deutschland bekommen ihr Geld von ausländischen Kapitalgebern. Damit werden aber auch die Renditen, die erfolgreiche Startups in Deutschland bringen, ans Ausland abgeführt.
Das Problem: Die erste Finanzierung ist für ein Startup meist kein Problem. Viel schwieriger steht es bei der langfristigen Umsetzung einer Geschäftsidee mit der Wachstumsfinanzierung. Wer groß werden möchte, braucht genügend Kapital, das dann aber meist nicht vorhanden ist. Investitionen sind in Deutschland meist eher als Starthilfe zu sehen und weniger als dauerhafte Unterstützung. Das Geld, das dafür zur Verfügung steht, wird auf mehrere Gründer verteilt, was zwar sehr sozial ist, aber keines der Unternehmen und ihre Mitarbeiter wirklich voranbringt. Leider kommt es dadurch oft nicht einmal zu einer wirklichen Wachstumsphase, weil das Venture Capital nicht zum Arbeiten kommt. Wichtiger wäre laut Meinung von Experten eine Elitenförderung. Nicht die Fördermittel mit der Gießkanne verteilen, sondern viel eher auf Champions konzentrieren, so lautet die Forderung der Fachleute.
In den USA kommt das investierte Kapital vor allem aus Pensionsfonds. Das gibt es in Deutschland nicht, weil hier die Angst vor Verlusten viel zu groß ist. Damit steht die Politik der Wirtschaft aber im Weg und es sollten eher mehr Anreize für private Investoren durch eine Ausfallsicherung geschaffen werden, als Investitionen zu deckeln und zu erschweren. Denn: Wenn immer weniger Leute investieren, wird Paris seine Stellung beibehalten und Berlin ist als Investitionsstandort abgeschrieben. Die Investoren sterben aber selbst, da sie keine Renditen mehr erzielen können. Eine tolle Geschäftsidee mag lukrativ erscheinen, doch der Gründer und seine Mitarbeiter werden keine Hilfe bei der Umsetzung bekommen. Es sei denn, sie wenden sich ans Ausland. Warum dann aber nicht gleich auch den Firmenstandort nach dort verlegen?
Die Pleiten: Einige einst erfolgreiche Startups
Auctionata
Wer erinnert sich noch an Auctionata? Das Auktionshaus im Internet gab 2017 seine Insolvenz bekannt und ging mit rund 100 Millionen in die Pleite. Investoren waren Bright Capital, Earlybird, Hearst Ventures, Kite Ventures und noch einige mehr, sie hatte insgesamt über 78 Millionen Euro Venture Capital investiert. Durch den Zusammenschluss mit Paddle8 in 2016 kamen noch einmal 39 Millionen Euro dazu. Was für eine Pleite!
Lesara
Lesara stammte ebenfalls aus Berlin, wo das Jungunternehmen in 2016 einen Rohertrag von 24,7 Mio. Euro und einen Fehlbetrag von 14,3 Mio. Euro erwirtschaftete. Rund 100 Millionen Euro flossen einst in den Auf- und Ausbau des Unternehmens, das als Fashion Shop im Internet antrat und Trends erkennen wollte. Leider ging der eigene Trend einfach nur bergab.
DaWanda
DaWanda konnte sich zwölf Jahre lang auf dem Markt behaupten und präsentierte Selbstgemachtes und Unikate. Rund 22 Millionen Euro wurden unter anderem von Vorwerk Ventures, Team Europa oder Piton Capital investiert, der Umsatz belief sich in 2017 aber nur auf rund 16,4 Mio. Euro.
Move24
Ein letztes Beispiel an dieser Stelle ist Move24, das durch den Konkurrenten Movinga übernommen worden ist. Ein Deal mit Immobilienscout24 brauchte den Todesstoß für das Unternehmen, hier sollte Movinga mit einer sechsstelligen Summe pro Monat ausgebootet werden. Der Umzugshelfer Move24 und seine Investoren DN Capital, Innogy Venture und Piton Capital sowie einige weitere Geldgeber gingen letzten Endes leer aus und verloren die über 40 Millionen Euro investiertes Kapital.
Bildnachweis: ©Shutterstock – Titelbild: Milan Ilic Photographer – #01: DisobeyArt – #02: Daniel Krason – #03: Daniel M Ernst