Ein gewisser Charles Chaplin am Schlosstheater Berlin

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Groß, größer, Charles Chaplin. Natürlich hatte auch ich bereits von dem großen Künstler gehört, vielleicht dem größten Künstler des 20. Jahrhunderts. Umso aufgeregter bin ich, als ich meinen Kumpel Christoph zu einer der ersten Aufführungen ins Schlosstheater Berlin begleite.

„Für viele Amerikaner ist Chaplin ja wie der wahr gewordene amerikanische Traum“, erzählt mir Christoph mit leuchtenden Augen. „Ja, das habe ich auch schon gehört. Er kam ja in sehr ärmlichen Verhältnissen zur Welt, wuchs bei einer psychisch kranken Mutter auf und wurde von seinem Vater im Stich gelassen. Er ist ja dann auch schon in jungen Jahren ins Filmgeschäft eingestiegen. Sehr beeindruckend!“, erwidere ich.

Charles Chaplin in persona bekommen wir zwar nicht zu sehen, dafür scheinbar sein perfektes Double. (#01)

Charles Chaplin in persona bekommen wir zwar nicht zu sehen, dafür scheinbar sein perfektes Double. (#01)

Charles Chaplin mit abgewetztem Anzug zu Gast im Schlosspark Berlin

Charles Chaplin in persona bekommen wir zwar nicht zu sehen, dafür scheinbar sein perfektes Double. Wolfgang Bahro, der eigentlich zu den Urgesteinen der bekannten „GZSZ“ Soap gehört, agiert, wie ich finde, zunächst eher etwas zurückhaltend. Sparend geht er mit Chaplin-Zitaten um, lässt aber dennoch den berühmten Künstler vor unseren Augen zum Leben erwecken.

Zunächst überlässt er eher seinen schauspielerischen Kollegen das Feld bzw. die Bühne – der demenzkranken Mutter zum Beispiel, die von Brigitte Grothum hervorragend glaubwürdig gespielt wird, zerrissen von den Symptomen der Demenz, dennoch eine liebende und sich aufopfernde Mutter.

Auffallend positiv ist, dass die Frauengeschichten Chaplins nicht zu sehr im Vordergrund stehen. Judith Wegner agiert hervorragend als kokette Dame, die Chaplins dritte Ehefrau ist. Elinor Eidt spielt hingegen die eher ergebene, aber in ihrem Wesen liebevolle, warmherzige und glückliche Gattin, die zuletzt an Chaplins Seite stand.

Der Regisseur Rüdiger Wandel hat meiner Meinung nach ein Talent für das richtige Timing. Er schickt uns Abschnitt für Abschnitt auf eine kleine Zeitreise mit den Figuren (#02)

Der Regisseur Rüdiger Wandel hat meiner Meinung nach ein Talent für das richtige Timing. Er schickt uns Abschnitt für Abschnitt auf eine kleine Zeitreise mit den Figuren (#02)

Charles Chaplin: Ein biografischer und poetischer Bilderbogen im Schlosspark Theater Berlin

Der Regisseur Rüdiger Wandel hat meiner Meinung nach ein Talent für das richtige Timing. Er schickt uns Abschnitt für Abschnitt auf eine kleine Zeitreise mit den Figuren – mal befinden wir uns im Jahr 1952, indem sich Herr Chaplin weigert, an einer Pressekonferenz teilzunehmen und sich schließlich dank der überzeugenden Worte seiner letzten Ehefrau Oona doch noch den Fragen der Journalisten stellt.

Dann landen wir anschließend wiederum im Jahr 1914, zu der Zeit, als sich der erste berufliche Erfolg bei dem jungen Künstler anbahnt. Vor allem ist es auch Oliver Nitsche, der mir ins Auge fällt und mir mit seiner Art und Raffinesse in Gestalt des besessenen FBI-Gründers, der glaubt, einen verkappten Juden und Kommunisten das Handwerk legen zu müssen, den ein oder anderen Schauer über den Rücken jagt.

 Ich hätte mir gut vorstellen können, weitere Stunden in das Leben Charles Chaplins einzutauchen – bin aber froh darüber, mehr über diesen facettenreichen Mann erfahren zu haben. (#03)

Ich hätte mir gut vorstellen können, weitere Stunden in das Leben Charles Chaplins einzutauchen – bin aber froh darüber, mehr über diesen facettenreichen Mann erfahren zu haben. (#03)

Aufeinander abgestimmte Einheit voller Nostalgie und Inspiration im Schlosspark Theater Berlin

Ohne Probleme können wir dem raschen Szenenwechsel folgen, da die Drehbühne dafür perfekt konzipiert wurde. Die Musik kommt vom Band, was wiederum dem nostalgischen Feeling keinen Abbruch tut. Das Ende überrascht mich und spiegelt auf perfekte Weise das widersprüchliche Leben des Künstlers wieder. Alle Figuren finden sich erneut auf der Bühne ein und sprechen ein oder zwei Sätze, während Chaplin wie in Trance um sie herumgeht und sein Leben im wahrsten Sinne des Wortes erneut an ihm vorbeizieht, seine innere Uhr neigt sich dem Ende entgegen.

Er stirbt am ersten Weihnachtsfeiertag im Jahr 1977. Unter sehr viel Applaus endet die Vorstellung. Ich hätte mir gut vorstellen können, weitere Stunden in das Leben Charles Chaplins einzutauchen – bin aber froh darüber, mehr über diesen facettenreichen Mann erfahren zu haben.


Bildnachweis:©  DERDEHEMEL Urbschat_

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